Hörverlusttypen
Hörverlusttypen – Ursachen, Unterschiede und Einordnung
Nicht jede Schwerhörigkeit ist gleich. Die moderne Audiologie unterscheidet verschiedene Hörverlusttypen, die sich in Ursache, Lokalisation und Behandlungsmöglichkeiten unterscheiden. Ein grundlegendes Verständnis dieser Kategorien hilft nicht nur beim Verständnis audiologischer Befunde, sondern auch bei der gezielten Beratung und Versorgung mit Hörsystemen.
1. Konduktiver Hörverlust (Schallleitungsschwerhörigkeit)
Ein konduktiver Hörverlust liegt vor, wenn der Schall nicht effizient vom Außenohr zum Innenohr weitergeleitet wird. Die Schallwellen werden also physisch abgeschwächt, bevor sie überhaupt das Innenohr erreichen.
Mögliche Ursachen:
- Cerumen obturans (Ohrenschmalzpfropf)
- Otitis externa oder media (z. B. Mittelohrentzündung)
- Trommelfellperforation
- Otosklerose
- Schädigung oder Fixation der Gehörknöchelchenkette
Typisches audiologisches Merkmal:
Luftleitung deutlich schlechter als Knochenleitung im Tonaudiogramm
Normaler SRT, aber reduzierte Luftleitungsschwelle
Behandlung:
Medizinisch oder chirurgisch (z. B. Tympanoplastik, Stapesprothese)
In chronischen Fällen: Hörsysteme mit gutem Gain im Tieftonbereich
2. Sensorineuraler Hörverlust (Schallempfindungsschwerhörigkeit)
Der sensorineurale Hörverlust entsteht durch eine Schädigung der Haarzellen im Innenohr (cochleärer Anteil) oder des Hörnervs (retrocochleärer Anteil). Er ist die häufigste Form des Hörverlusts im Erwachsenenalter.
Häufige Ursachen:
- Presbyakusis (altersbedingte Hörminderung)
- Lärmtrauma (akut oder chronisch)
- genetische Prädispositionen
- ototoxische Medikamente (z. B. Cisplatin, Aminoglykoside)
- Menière-Erkrankung
- akustisches Neurom (Vestibularisschwannom)
Audiologische Kennzeichen:
Luft- und Knochenleitung nahezu gleich schlecht
Tonhöhenabhängige Hörverluste (v. a. Hochtonbereich)
Störungen der Sprachverständlichkeit trotz hoher Lautstärke
Behandlung:
Hörgeräte mit individueller Verstärkung nach Frequenzverlust
ggf. Cochlea-Implantat bei an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit
3. Gemischter Hörverlust
Ein gemischter Hörverlust kombiniert Elemente des konduktiven und sensorineuralen Typs. Dabei liegt sowohl eine Leitungsstörung im Mittelohr als auch eine Schädigung im Innenohr vor.
Beispielhafte Ursachen:
- chronische Otitis media mit zusätzlicher Innenohrbeteiligung
- Otosklerose mit kochleärer Komponente
- Schädeltraumata
Diagnostik:
Differenz zwischen Luft- und Knochenleitung (Air-Bone Gap) bleibt bestehen
jedoch auch die Knochenleitung verschlechtert (Hinweis auf cochleären Anteil)
Therapie:
Kombination aus medizinischer Behandlung und Hörsystem
ggf. implantierbare Hörgeräte bei komplexen Befunden
4. Zentrale Hörverarbeitungsstörung (ZAVS / APD)
Nicht klassisch als Hörverlust, aber relevant: Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen betreffen die zentralen Hörverarbeitungszentren im Gehirn.
Hier ist das periphere Hören (Cochlea, Hörnerv) intakt – die Verarbeitung auf kognitiver Ebene ist jedoch gestört.
Typisch sind:
- gute Tonhöhenhörschwellen
- schlechtes Sprachverstehen in Lärm
- Probleme mit Richtungshören und auditiver Aufmerksamkeit
- Früherkennung und Klassifikation
Die korrekte Einordnung eines Hörverlusts erfolgt durch:
Tonaudiometrie (Luft-/Knochenleitung)
Sprachaudiometrie
ggf. objektive Verfahren (OAE, BERA, eCERA)
Hinweis: Internationale Klassifikationen wie die ICF (International Classification of Functioning, Disability and Health) der WHO bieten hilfreiche Ansätze zur ganzheitlichen Einordnung von Hörstörungen in den Alltag.
Fazit
Die Einteilung in konduktive, sensorineurale und gemischte Hörverluste ist nicht nur theoretisch – sie ist entscheidend für Diagnose, Beratung und Therapieplanung. Wer die Unterschiede kennt, versteht auch besser, warum nicht jedes Hörgerät bei jedem Menschen gleich wirkt.
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