AVWS bei Kindern – wenn das Gehirn das Hören durcheinanderbringt

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Autor: Maximilian Bauer, Hörakustikmeister, MSc. Clinical Audiology 
Aktualisiert am: 05. Oktober 2025

 

Viele Eltern hören irgendwann den Satz: „Ihr Kind hört gut, aber es versteht einfach nicht richtig.“ Dahinter kann eine Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) stecken – eine komplexe Störung, bei der nicht das Ohr, sondern das Gehirn betroffen ist.

Was ist AVWS?

AVWS ist keine klassische Hörstörung, sondern eine zentrale Verarbeitungsstörung. Das bedeutet: Das Ohr nimmt Geräusche normal auf, aber das Gehirn kann sie nicht zuverlässig sortieren, unterscheiden oder richtig zuordnen. Die Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP) spricht von einer funktionellen Auffälligkeit der auditiven Verarbeitung.

Wichtig:
AVWS ist keine einheitliche Diagnose, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene zentrale Hörverarbeitungsstörungen. Betroffene Kinder hören – aber ihr Gehirn versteht nicht richtig.

Typische Symptome bei Kindern

  • Verständnisschwierigkeiten bei Störlärm (z. B. im Klassenzimmer) – Figur-Grund-Diskrimination
  • Häufiges Nachfragen oder Verwechslung von Lauten (z. B. T/K, B/P) – Phonem-Diskrimination
  • Schnelle Ermüdung beim Zuhören – kognitive Höranstrengung
  • Probleme beim Diktat, Lesen oder Textverständnis – auditive Gedächtnisleistung
  • Unauffälliges Audiogramm trotz massiver Alltagsprobleme

Eltern-Tipp:
Wenn Ihr Kind gut hört, aber Sprache trotzdem schwer versteht, lohnt sich der gezielte Blick auf die zentrale Hörverarbeitung. Fragen Sie aktiv nach AVWS.

Wie entsteht AVWS?

AVWS kann viele Ursachen haben. Oft spielen neurobiologische Entwicklungsverzögerungen eine Rolle, manchmal auch frühkindliche Hirnreifungsstörungen oder komorbide Störungen wie LRS oder ADHS. In vielen Fällen ist die genaue Ursache unklar – das macht die Diagnose anspruchsvoll.

Wie wird AVWS diagnostiziert?

Ein normales Audiogramm reicht nicht aus. Die Diagnose erfordert spezielle Testverfahren durch erfahrene Fachkräfte – idealerweise in interdisziplinären Teams:

  • Verhaltensdiagnostik (z. B. dichotisches Hören, Zeitmustererkennung)
  • Elternfragebögen (z. B. CHAPS, FLE)
  • Abklärung durch Phoniater oder Pädaudiologen

Expertenwissen:
Die DGPP-Leitlinie betont: Die Diagnose AVWS erfordert mindestens zwei unabhängige, psychometrisch valide Tests – ergänzt durch eine differenzierte Anamnese und pädagogische Einschätzung.

Was hilft bei AVWS?

  • Akustische Optimierung des Lernumfelds
  • FM-Anlagen oder personalisierte Hörtechnik
  • Auditive Trainingsprogramme (je nach Symptomprofil)
  • Hörtaktik-Training & Alltagshilfen für Eltern
  • Engmaschige Zusammenarbeit mit Lehrern & Therapeuten

Fazit: AVWS ist komplex, aber behandelbar

AVWS ist kein Modewort – und kein Makel. Es beschreibt reale Schwierigkeiten im Gehirn, die Kinder im Alltag massiv beeinträchtigen können. Wer früh erkennt und gezielt handelt, kann sehr viel bewirken. Der wichtigste Schritt: ernst nehmen, gezielt abklären lassen und gut begleiten.

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Letzte Aktualisierung: 05. Oktober 2025

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