Morbus Menière erkennen

Man zeigt auf Gleichgewichtsorgan

 

Aktualisiert am:
Autor: Maximilian Bauer, Hörakustikmeister, MSc. Clinical Audiology

 

Die klassische Symptom-Trias – und ihre Grenzen

Morbus Menière zeigt sich typischerweise durch eine Kombination aus:

  • Drehschwindel (plötzlich, anfallsartig)
  • Schwerhörigkeit (fluktuierend, meist tieftonbetont)
  • Tinnitus (oft dumpf, tieffrequent)

Diese sogenannte Trias gilt als Leitsymptomatik – ist aber nicht immer vollständig vorhanden. Viele Betroffene berichten anfangs nur über einzelne Symptome, z. B. Schwindel ohne Hörverlust.

Wie zeigt sich ein Menière-Anfall konkret?

Ein typischer Anfall beginnt meist plötzlich, mit starkem Drehschwindel. Begleitet wird er oft durch Übelkeit, Erbrechen, Gangunsicherheit und ein dumpfes Ohrgefühl. Die Attacke kann zwischen 20 Minuten und mehreren Stunden dauern.

Nach dem Anfall bleibt häufig eine allgemeine Erschöpfung zurück – die sogenannte postiktale Phase. Die Hörfähigkeit schwankt oft tagelang.

Diagnose: eine Ausschlussdiagnose mit klaren Kriterien

Die Diagnosestellung erfolgt klinisch, basierend auf den Kriterien der Bárány-Gesellschaft. Diese verlangt mindestens:

  • Zwei oder mehr Spontanschwindel-Episoden (20 Minuten – 12 Stunden)
  • Fluktuierende Hörstörung (nachweisbar im Tieftonbereich)
  • Keine andere Erklärung (z. B. vestibuläre Migräne ausgeschlossen)
Hinweis: Die Diagnose „Morbus Menière“ ist eine Ausschlussdiagnose. Eine bildgebende Diagnostik (z. B. MRT) ist oft notwendig, um andere Ursachen wie Tumoren auszuschließen.

Was unterscheidet Menière von anderen Schwindelformen?

Gerade im frühen Stadium kann Morbus Menière mit anderen vestibulären Erkrankungen verwechselt werden. Die folgende Übersicht hilft bei der Abgrenzung:

Merkmal Morbus Menière Vestibuläre Migräne Lagerungsschwindel (BPPV)
Hörsymptome Ja (fluktuierend) Nein Nein
Dauer Minuten – Stunden Minuten – Tage Sekunden
Auslöser Stress, Ernährung Licht, Schlaf, Hormone Lagewechsel

Was sagt die Forschung heute zum Auslöser?

Früher ging man von einem mechanischen Druckproblem im Innenohr aus („endolymphatischer Hydrops“). Heute sehen viele Experten Morbus Menière als multifaktoriell: Stress, Immunprozesse, Ionenhaushalt und vaskuläre Faktoren stehen im Verdacht, gemeinsam zu wirken.

Therapie: individuell, nicht schematisch

Die Behandlung richtet sich nach Anfallsfrequenz und Lebensqualität. Mögliche Ansätze sind:

  • Salzarme Ernährung, Stressreduktion
  • Betahistin (z. B. SERC®) zur Anfallshäufigkeit
  • Invasive Maßnahmen bei schweren Verläufen (Gentamicin, OP)
Empfehlung: Lassen Sie bei unklaren Schwindelattacken frühzeitig ein Audiogramm und eine vestibuläre Untersuchung durchführen. Frühdiagnostik kann Komplikationen vermeiden.

Fazit: Nicht jeder Drehschwindel ist Menière

Morbus Menière bleibt eine komplexe, teils rätselhafte Erkrankung. Wer an wiederkehrendem Schwindel leidet, sollte nicht vorschnell eine Selbstdiagnose stellen. Gerade in der Frühphase ist die Abgrenzung zu anderen Störungen essenziell.

Quellen & Referenzen:
  • AWMF-Leitlinie: Vestibuläre Erkrankungen (Bárány Society)
  • Klinische Studien zur Pathophysiologie des endolymphatischen Hydrops
  • Neuere Publikationen zu Stress und Menière (z. B. NCBI)

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