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Autor: Maximilian Bauer, Hörakustikmeister, MSc. Clinical Audiology
Was tun bei Schwindel?
Schwindel kann harmlos sein – oder auf eine Störung im Gleichgewichtssystem hinweisen. Viele Betroffene fühlen sich verunsichert, weil die Ursache nicht sofort klar ist. Hier erfahren Sie, welche Formen es gibt, welche Tests sinnvoll sind und wann Sie ärztliche Hilfe brauchen.
Wann ist Schwindel harmlos – und wann nicht?
Gelegentlicher Schwindel nach schnellem Aufstehen oder Kreislaufproblemen ist meist unbedenklich. Kritisch wird es, wenn Schwindel plötzlich, anhaltend oder zusammen mit weiteren Symptomen auftritt.
- Schwindel mit Hörverlust, Ohrgeräuschen oder Doppelbildern
- Plötzlicher Drehschwindel mit Übelkeit oder Erbrechen
- Gefühlsstörungen, Sprachprobleme oder Lähmungen
- Schwindel nach Kopfverletzung oder Sturz
Wie entsteht Schwindel?
Das Gleichgewicht entsteht aus dem Zusammenspiel von Innenohr, Augen und Gehirn. Störungen in einem dieser Systeme können den Gleichgewichtssinn durcheinanderbringen und zu unterschiedlichen Schwindelformen führen.
Vestibulärer Schwindel: Störungen im Innenohr und Gleichgewichtsorgan
Hier liegt die Ursache direkt im Innenohr. Typische Auslöser sind:
- Lagerungsschwindel (BPPV): durch lose Otolithen in den Bogengängen
- Vestibularis-Neuritis: Entzündung des Gleichgewichtsnervs
- Morbus Menière: Druckschwankungen im Innenohr mit Schwindel und Tinnitus
Zentraler Schwindel: Wenn die Ursache im Gehirn oder Nervensystem liegt
Störungen in der Verarbeitung der Gleichgewichtssignale im Gehirn führen zu zentralem Schwindel. Ursachen können Durchblutungsstörungen, Migräne oder neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose sein.
Funktioneller Schwindel: Die Rolle von PPPD und psychogenen Faktoren
Bei der PPPD (Persistent Postural Perceptual Dizziness) bleibt der Schwindel bestehen, obwohl keine organische Ursache mehr vorliegt. Das Zusammenspiel von Wahrnehmung, Angst und Aufmerksamkeitssteuerung spielt dabei eine entscheidende Rolle.
Zervikaler Schwindel: Der Zusammenhang zwischen Halswirbelsäule und Gleichgewicht
Verspannungen, Fehlhaltungen oder blockierte Wirbelgelenke können über Reize aus der Halsmuskulatur Schwindel auslösen. Der Nacken sendet widersprüchliche Informationen an das Gleichgewichtszentrum – das Gehirn reagiert mit Unsicherheit.
Welche Untersuchungen helfen wirklich?
Eine gezielte Diagnostik ist entscheidend. Dazu gehören:
- Hörtests (Audiometrie) und Tympanometrie
- Videonystagmografie (VNG) und Kopfimpulstests
- Vestibuläre Funktionsmessungen (z. B. VEMP)
- Bildgebung (MRT) bei Verdacht auf zentrale Ursachen
Tipp:
Notieren Sie Dauer, Auslöser und Begleitsymptome Ihres Schwindels in einem Tagebuch. Das erleichtert die Diagnose erheblich.
Behandlung – was wirklich hilft
Die Therapie richtet sich nach der Ursache:
- Lagerungsschwindel: spezielle Lagerungsübungen
- Vestibularis-Neuritis: Kortison und frühes Bewegungstraining
- Menière: medikamentöse Behandlung, salzarme Ernährung
- PPPD: kognitiv-verhaltenstherapeutische Ansätze und vestibuläres Reha-Training
Empfehlung:
Ein interdisziplinäres Team aus HNO, Neurologie und Audiologie führt meist schneller zum Ziel als isolierte Behandlungen.
Schwindel und das Ohr – häufig übersehen
Das Ohr spielt oft eine Schlüsselrolle. Erkrankungen wie Morbus Menière, Hörsturz oder ototoxische Medikamente beeinflussen das Gleichgewicht. Eine audiologische Untersuchung ist daher immer sinnvoll.
Leben mit Schwindel – praktische Tipps
- Regelmäßige Bewegung: Yoga, Schwimmen, Gehen
- Ausreichend Flüssigkeit und ausgewogene Ernährung
- Vermeidung von Reizüberflutung
- Entspannungstechniken und gezieltes Training
Sanfte Aktivierung:
Bleiben Sie in Bewegung. Passivität verschlechtert die Gleichgewichtsreaktion des Gehirns.
Fazit
Schwindel ist häufig, aber in den meisten Fällen behandelbar. Entscheidend ist eine gezielte Diagnostik, die das gesamte Gleichgewichtssystem einbezieht – vom Innenohr bis zur Wahrnehmung im Gehirn.
Oder vertiefen Sie Ihr Wissen über funktionellen Schwindel und PPPD.