Schwerhörigkeit als Schwerbehinderung: Ab welchem GdB besteht Anspruch?
Autor: Max Bauer, Hörakustikmeister, MSc. Clinical Audiology → Zur Vita
Aktualisiert am: 01. Oktober 2025
Die Antwort ist klar: Ja, Schwerhörigkeit kann als Schwerbehinderung anerkannt werden. Das ist der Fall, wenn der Grad der Behinderung (GdB) 50 oder mehr beträgt. Die Bewertung ist jedoch komplex, da nicht nur die Hörleistung, sondern auch die Auswirkungen im Alltag zählen.
Dieser Ratgeber klärt Sie neutral über die gesetzlichen Grundlagen und die audiologischen Kriterien auf, die für eine Anerkennung durch das Versorgungsamt entscheidend sind.
1. Die Grundlagen: GdB und die rechtliche Definition
Was ist der Grad der Behinderung (GdB)?
Der GdB ist eine Maßzahl, die die Auswirkungen einer gesundheitlichen Beeinträchtigung auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft in Zehnerschritten (von 20 bis 100) bewertet. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV).
Wann gilt man als schwerbehindert?
Die Eigenschaft als Schwerbehinderter ist in Deutschland an den GdB 50 gebunden. Eine Hörbeeinträchtigung, die zu einem GdB von unter 50 führt, gilt als „Behinderung“, nicht aber als „Schwerbehinderung“.
2. Die Kriterien: So wird der Hörverlust bewertet
Die Bewertung des GdB erfolgt nach strengen audiologischen und sozialen Maßstäben. Ihr Hörakustiker kann die notwendigen audiometrischen Daten liefern, die finale Entscheidung trifft das Versorgungsamt.
Die Wichtigkeit der Hörleistung (GdB-Tabelle)
Der GdB wird anhand des verbliebenen Sprachverstehens über beide Ohren ermittelt. Die folgende Tabelle zeigt die ungefähren Schwellenwerte, ab denen eine stärkere Einschränkung vorliegt:
| GdB | Grad der Schwerhörigkeit | Rechtlicher Status |
|---|---|---|
| 20 – 40 | Mittel- bis hochgradige Schwerhörigkeit | Behinderung |
| 50 | Hochgradige Schwerhörigkeit / Beginnende Taubheit | Schwerbehinderung (gesetzliche Schwelle) |
| 60 – 80 | An Taubheit grenzend bis taub | Schwerbehinderung |
| 100 | Vollständige Gehörlosigkeit | Höchste Schwerbehinderung |
Die Rolle des Sprachverstehens im Alltag
Für die offizielle Feststellung ist nicht nur der Hörverlust in Dezibel (dB) relevant. Entscheidend ist, wie sehr Ihre Teilhabe eingeschränkt ist. Dazu werden oft spezielle Sprachverständnistests herangezogen, die das Hören im Lärm oder die Verständigung in komplexen Situationen bewerten.
Zusätzliche Beeinträchtigungen
Begleiterscheinungen wie starker Tinnitus, Schwindel oder Hörstress können den GdB zusätzlich erhöhen, da sie die gesamte gesundheitliche Beeinträchtigung verstärken.
3. Praktische Schritte: Antrag und die wichtigsten Vorteile
Wohin mit dem Antrag?
Der Antrag auf Feststellung des GdB wird beim zuständigen Versorgungsamt oder beim Landesamt für Soziales gestellt. Sie benötigen aktuelle medizinische Unterlagen und Befunde, idealerweise von einem HNO-Arzt oder Audiologen.
Die wichtigsten Vorteile ab GdB 50
- Zusatzurlaub: In der Regel 5 zusätzliche Urlaubstage pro Jahr.
- Kündigungsschutz: Besonderer Schutz vor Kündigung (Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich).
- Steuerfreibeträge: Erhöhte Freibeträge bei der Einkommenssteuer.
- ÖPNV: Vergünstigungen oder kostenlose Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs (abhängig vom Merkzeichen).
4. Fazit und Call-to-Action
Die Grundlage für den GdB: Bevor Sie den Antrag stellen, ist die richtige Versorgung mit Hörgeräten entscheidend. Gut angepasste Hörgeräte verbessern nicht nur Ihr Hören, sondern oft auch Ihre Teilhabe – was sich indirekt auf die GdB-Bewertung auswirken kann.